Monthly Archives: October 2013

Uncategorized: Herbst

Foto: Jabs - Chor "Die Herbstzeitlosen" (Prenzlau)

Foto: Jabs – Chor “Die Herbstzeitlosen” (Prenzlau)

Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

(R. M. Rilke)

 

Ausstellungen, Fotografie: Ulrich WÜST – Index/Berlin Leporellos

Fotos: Ulrich Wüst (die Aufnahmen sind nicht in der Ausstellung zu sehen)

Fotos: Ulrich Wüst (die Aufnahmen sind nicht in der Ausstellung zu sehen)

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Collection Regard: Ulrich WÜST – Index Berlin Leporellos
Steinstraße 12, Berlin-Mitte, freitags 14-18 Uhr, 19.09.2013-15.02.2014
Der Meister zeigt wieder keine den Zeitgeist zufriedenstellende Massenware!
Neben den bekannten/zu erwartenden legendären Stadtansichten der 80er und 90er Jahre aus Berlin-Mitte (einige Rahmen hängen so hoch, dass man die Motive schlecht sehen kann) präsentiert die Collection Regard erstmalig sensationelle Leporellos des Künstlers in einer hervorragend besuchten Bilderschau (kuratiert von Antonio Panetta).
So etwas habe ich noch in keiner Fotoausstellung in dieser Stadt gesehen!
Ulrich Wüst fertigte diese ziehharmonikaförmig gefalteten Kartonstreifen, auf die er kleine Schwarzweißabzüge klebte, für das eigene Archiv an (insgesamt existieren 100 Serien). Versehen sind diese mit wunderschönen, feinen, handgeschriebenen Bleistiftanmerkungen zum Aufnahmeort und -datum.
Die künstlerisch hochwertigen Arbeiten fungierten mithin als repräsentative Übersicht zu verschiedenen bearbeiteten Themen. Glücklicherweise werden diese Indexe nun den kunstinteressierten Berlinern offeriert.
Mir gefällt insbesondere der Mut zum in dieser Zeit ungewöhnlichen, kleinen Bildformat.
Die hervorragende Serie “Stadtbilder 1979-1987″ ist ein Feuerwerk in Grautönen!
Etwas größere Abzüge (80 Fotos), das Format geht mehr in Richtung Panorama, kann man im “Lesebuch Mitte 1995-1997″ bestaunen (Leporello 21 m lang). Eindrucksvoll wird hier die archaische Wirkung von Licht und Schatten Im Häusermeer der Hauptstadt dokumentiert.
Überraschend ist das Leporello mit Porträts aus den 80er Jahren  (“Besucher”) – die Menschendarstellung ist ja nicht gerade das hauptsächliche Sujet des bekannten Fotografen.
Als Kostbarkeiten darf man die seltenen Vintageabzüge mit Abbildern berühmter Künstler bestaunen.

Bücher, Kunst: “Ein Buch ist eine Flaschenpost”

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Das außerordentlich lesenswerte Interview von Petra Ahne und Cornelia Geissler mit Judith Schalansky ist ein enthusiastisches Loblied auf die Buchkunst.

(Berliner Zeitung. 05./06.10.2013)

Mattscheibe, Musik, Uncategorized: Thees Uhlmann

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Fulminantes, wenn auch schwülstiges Zitat des als Tomte-Sänger grandiosen Thees Uhlmann: “Ich habe die Gnade der Liebe erfahren und die Essenz des Glücks.”
Mein Popmusik-Held hat eine nicht so tolle Soloplatte (“#2″) gemacht und gibt in diesem Interview mit (der mich nicht überzeugenden, mir nicht sympathischen) Katrin Bauerfeind auch eine mitunter unglückliche Figur ab:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1997494/Bauerfeind-2830—Thees-Uhlmann?bc=kua884716

 

Fotografie: Großartiges Familienfoto

Foto 1: Andrea Garbald, Foto 2-4: Henri Cartier-Bresson

Foto 1: Andrea Garbald, Foto 2-4: Henri Cartier-Bresson

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Ich fand ein wunderschönes Familienfoto, das Andrea Garbald am 05.08.1911 im Bergell gelang.

Es zeigt die Familie Giacometti mit dem charismatischen Jahrhundertkünstler Alberto (das ist das Kind ganz links). Dieses Porträt entstand anlässlich des 40. Geburtstags der Mutter Giacometti.
Das Bild ist weltberühmt, den Fotografen kannte bis vor Kurzem kaum jemand.
Alberto Giacomettis Bildnis in unserem Bewusstsein prägten insbesondere die Aufnahmen des Meisters Henri Cartier-Bresson (zweites bis viertes Foto im Anhang).

Fussball, Mattscheibe: “Wir sind die Wand”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Das ist kein Tipp für Bolli, Flachi und alle anderen BVB-Hasser: 

“Wir sind die Wand”

Einen von der Kritik mit viel Vorschusslorbeeren bedachten Film in Fußballspiellänge über Fans auf der Dortmunder Südtribüne (25000 Stehplätze) gab es im Fernsehen zu begutachten, nachdem er in  ausgewählten Kinos anlief.
Mich stört es, wenn in Stadien, die nicht die Liverpooler Anfield Road als Zuhause haben, “You’ll never walk alone” gesungen wird. Aber das kann man ja dem zuschauenden Sportfreund nicht verwehren, also auch nicht den “Schwarzgelben”. An der aufwendig gedrehten Dokumentation (16 Kameras bei einen Spiel) störte mich auch, dass keine “Problemfans” zu Wort kommen. Natürlich porträtiert Klaus Martens neben dem typischen Ruhrpottpublikum auch einen Türken, einen Mathematikprofessor, einen Schwulen, eine Prostituierte; elf glückselige Dauerkartenbesitzer (also Mannschaftsstärke) auf der größten Stehtribüne Europas. Und “fast mittendrin” Stadionsprecher und Borussia Dortmund-Legende Nobbi Dickel, dessen sportlich tragisches Schicksal noch mal erzählt wird.
Interessant wäre doch aber auch, wie sich die Hooligans oder Rechtsradikalen (z.B. die berüchtigte Borussenfront”) “in der Süd” geben, aber an die kam der Filmemacher augenscheinlich nicht heran.
Es wird die, in allen großen Stadien anzutreffende, “Huren – Wichser – Hurensohn” skandierende Masse gezeigt.
Jedenfalls erzeugt “Wir sind die Wand” keine Gänsehaut bei mir.
Erfrischend und mich überraschend war der große Anteil weiblicher Zuschauer im Westfalenstadion, das jetzt der Signal Iduna Park ist. Umgehauen hat mich ein Originalkommentar: “Frauen sind doch auch ganz normale Menschen”…

http://www.lokalkompass.de/dortmund-city/kultur/wir-die-wand-jetzt-im-fernsehen-d349066.html

 

Kunst: Liebeslyrik

Grafik: DUMMY #40

Grafik: DUMMY #40

Erich Kästner:                                                                                                                       “Sachliche Romanze”

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wussten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort                                                                                                                               und konnten es einfach nicht fassen.

 
Das Gedicht (mit einem Oxymoron im Titel) wurde vom großartigen Herman van Veen wundervoll vertont. 
Und hier sehr sachlich analysiert/interpretiert: