Monthly Archives: November 2020

Kino: Ein filmischer Leckerbissen!

Foto: Jabs

Foto: Jabs

“Das Leben der Boheme” ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme!
Ein einfach total trauriger und trotzdem fantastischer Liebesfilm von Aki Kaurismäki. Ich verstehe ihn auch als Ode an die Freundschaft! (Vieles erinnert an unser Studentenleben in den Achtzigern im Osten.)
Skurril ist eine Szene, in der der Held im Kofferraum eines Trabant aus Albanien die Grenze nach Frankreich überquert. 
Filmzitate:
“Die armen Frauen, sie sind nicht geschaffen für ein solches Leben. 
Da wir Männer sind und daher in jeder Beziehung um so viel stärker, tragen wir frohen Mutes jedwedes Scheitern. Wir versinken nicht im Meer der Depressionen, selbst wenn unsere Kleidung nicht immer die gepflegteste ist. Bei den Frauen wiederum ist es völlig anders. Die winzigsten Sachen zum Anziehen begeistern sie schon, man kann es ihnen nicht mal verdenken.”
“Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme.” 

Diverses: Greifswalder Studentenleben vor 45 Jahren

Uni-Gryps

Was mit gerade wieder bewusst wurde:
Mitte der Siebzigerjahre ließ es sich in Greifswald vortrefflich studieren. Der Anteil der Studentenschaft an der bürgerlichen Stadtgesellschaft war groß. Kaum jemand hatte eine private Unterkunft, fast alle wohnten in oft abenteuerlich eingerichteten Wohnheimen. Für DDR-Verhältnisse wurden an der ehrwürdigen Uni erstaunlich viele Traditionen gepflegt. In Studentenkellern der Institute frönte man z. B. dem Kommersgesang und im Geologenkeller wurde regelmäßig pünktlich zur mitternächtlichen Stunde “Der Steiger kommt” angestimmt. Alle Möglichkeiten zu gemeinsamen Feiern wurden weidlich ausgenutzt.
Es gab aber nur eine große Party für die Studiosi der gesamte Alma Mater Gryphiswaldensis. Einmal im Monat wurde in die Hauptmensa in der Bahnhofstraße der Hansestadt eingeladen, zur legendären “Physiker-Disko”. Eintrittskarten waren begehrter als Anmeldungen für einen Shiguli. Große Hilfe war neben dem persönlichen Kontakt zum DJ Pagels das Studium an der naturwissenschaftlichen Fakultät. Die Geologen, Mathematiker, Chemiker, Biologen standen bei den gastgebenden Physikern hoch in der Gunst. Frei verkäuflich war kaum ein Billet. Wenn man dennoch in den mehr als spartanisch hergerichteten Tanzboden gelangen wollte, blieb wagemutigen Kommilitonen oft nur ein beschwerlicher Weg über hofseitige Nebengebäude. Es galt, über fragile Glasdächer in die Fenster der Mädchentoilette zu klettern. Die Diskothek eröffnete mit einem extrem kurzen “Kulturprogramm”, es wurden ein paar Dias projiziert. dann begann eine musikalische Hatz. Die Spulentonbandgeräte bretterten unablässig und in beachtlicher Lautstärke die geliebten Ohrwürmer der angesagten Combos in den spärlich beleuchteten Raum: Jethro Tull, The Troggs, Santana, The Kinks, Yes, The Doors, Deep Purple, The Lords, Manfred Mann, The Hollies und was weiß ich. Eine Unterbrechung des Musikhörens gab es um 22 Uhr: Die Biermesse wurde gelesen!

 

Vorsänger:

Seid Ihr bereit, die Heilige Messe des Bieres mit mir zu lesen?

Corona:

Sumus!

Vorsänger:

Sind die Kerzen angezündet?

Corona:

Sunt!

Vorsänger:

Ist der Stoff präparieret?

Corona:

Est!

Vorsänger:

In den wie viel heiligen Zügen soll das Bier geleeret werden?

Corona:

In den sieben heiligen Zügen!

Vorsänger:

So setzet an!

Eins-Zwei-Drei-Vier

Corona:

Oh, wie mundet uns das Bier!

Vorsänger:

Fünf-Sechs-Sieben

Alle:

Ist auch keine Nagelprobe drin geblieben?

/:Die Zicke, die Zacke, die Hoi! Hoi! Hoi!

Greifswalder Studenten sind immer dabei.:/

Aber eins, aber eins, das ist gewiss:

die Greifswalder Uni ist der letzte Schiss!

Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn:

Die Greifswalder Uni wird nie untergehn!

Vorsänger:

So sei es auch mir gestattet, einen Fetzen aus dem Stoffe zu reißen!

Corona:

Sit!

Eins-Zwei-Drei-Vier-Fünf-Sechs-Sieben

Alle:

Ist auch keine Nagelprobe drin geblieben?

/:Die Zicke, die Zacke, die Hoi! Hoi! Hoi!

Greifswalder Studenten sind immer dabei.:/

Aber eins, aber eins, das ist gewiss:

die Greifswalder Uni ist der letzte Schiss!

Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn:

Die Greifswalder Uni wird nie untergehn!

(Die Geologiestudenten hatten bei dieser Zeremonie viele Freunde, wenn denn der Kommilitone Schluchti einen Fünfliterballon vom selbstgemachte Hagebuttenwein im Jägerrucksack mitgebracht hatte und freizügig verteilte.)

Nebenbei: Diese Veranstaltung war eine Disko – getanzt wurde zumeist von Mädchen. Die Jünglinge mussten vordringlich auf ihre Bierpullen achten! Wenn man den Verlockungen der holden Weiblichkeit zu erliegen drohte und zum Paartanz schritt, konnte es passieren, dass das unter dem Stuhl oder auf dem Fensterbrett geparkte Bier von durstigen Gesellen gewissenlos ausgetrunken wurde. Regelmäßig wurden die geleerten Flaschen des übel mundenden Stralsunder Pils’ von dreisten Dieben geklaut, ließ man sie auch nur einen Augenblick unbeobachtet. Für vier Mal Leergut a 30 Pfennig Pfand konnte man wieder ein volles Bier erstehen. Ja, der Blick zu den sehr wohl oft bildschönen und wohlgeformten Bräuten wurde immer schärfer. Und es war bald 23:15 Uhr – “Frauenverteilung” – letzte Runde – ruhige “Schmusemusik” – Zeit des “Klammerblues”… Ich glaube bis heute, dass sich alle hübschen Mädchen von unseren vielleicht etwas wild daherkommenden Äußerlichkeiten ablenken ließen. Der zweifelsfrei feine Charakter der edlen Wesen blieb weitgehend unbeachtet, trotz schmachtender und sehnsüchtiger Blicke unsererseits. Jedenfalls kann uns kein einziger Zeitgenosse Tanzwut nachsagen, darauf bestehe ich bis heute. Regelmäßig trotteten später angetrunken Gestalten in den Morgen, nicht ohne sich zur Auswertung des Abends in einer nahegelegenen Studentenbude zu verabreden.

Bücher: Christa Wolf: “Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert 2001-2011″

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Christa Wolf beschrieb seit 1960 Jahr für Jahr ihren 27. September, einen durchschnittlichen Tag aus ihrem Tagebuch für eine eine umfangreiche persönliche Chronik.

Der Ehemann der der 2011 verstorbenen Schriftstellerin, Gerhard Wolf, gab 2013 ein Buch über die Zeit 2001 bis 2011 heraus. 
Mich hat dieses Werk einfach nicht erreicht. Jeden Morgen wird im Bett Zeitung gelesen, dann schläft man noch ein Stündchen, danach schaut man Nachrichtensendungen im Fernsehen, das Ehepaar tauscht sich über die aktuellen politischen Ereignisse aus, Christa Wolf sortiert die Post und versäumt nie zu betonen, dass sie ständig zu Ausstellungen eingeladen werden, aber dort gehen die beiden ganz, ganz selten hin. 
Klar, ist auch der Alltag der großen Künstler größtenteils banal. Und dass Christa Wolf politisch anders denkt als ich, betrachte ich auch nicht als das große Problem. 
Aber auch die “großen Gedanken” und die ihr wichtigen Aufzeichnungen sind für mich einfach nicht so interessant, dass ich das Buch zu Ende lesen wollte. Ich legte es beiseite, kann mir aber selbstverständlich gut vorstellen, dass die Anhänger der Literatur Christ Wolfs daran Gefallen finden können.