Category Archives: Kino

Fotografie, Kino: “Das Salz der Erde”

alle Fotos: Sebastiao Salgado

alle Fotos: Sebastiao Salgado

Salgado_2 Salgado_3 Tigray, Ethiopia, 1985 Salgado_5 Salgado_6

Bei dieser Lobpreisung der Fotokunst Sebastiao Salgados saß in der Vorstellung ein geneigtes und aufmerksames Publikum: kein knisterndes Bonbonpapier, knackendes Popcorn, gluckerndes Bier war zu hören, auch keine gackernden Girlies.
Es herrschte bedächtige Ruhe – ein schöner Kinoabend.
Der Dokumentarfilm von Wim Wenders und dem Salgado-Sohn Juliano Ribeiro fasziniert mit betörenden Bildern: grandiose Schwarzweißfotos auf einer großen Leinwand!
Salgado verfolgte in seinem künstlerischen Schaffen langfristige Projekte, die oft von seiner Frau Lelia angeregt oder wenigstens unterstützt wurden. Zum Entstehen der Fotos erfährt der Zuschauer aber wenig. Wim Wenders setzt den Meister frontal vor seine Kamera und lässt ihn erzählen.
Die groß präsentierten Aufnahmen aus der Sahel-Zone sind mir unerträglich, unerträglich beeindruckend und trotzdem unglaublich ästhetisch, weil perfekt komponiert.
Die Arbeit im Bürgerkrieg in Ruanda ließ den Starfotografen verzweifeln. Der Glaube an die Menschheit schien gebrochen. Er fotografierte dann für sein bisher letztes Thema “Genesis” Tiere, Pflanzen und Landschaften (bei denen mir die Abbildung des Himmels zumeist eine Spur zu dramatisch gerät).
Auf seinem brasilianischen Grund und Boden restaurierte das Ehepaar Salgado einen Regenwald, es pflanzte dort 2,5 Millionen Bäume und machte das Land zu einem staatlichen Nationalpark.

Kino, Mattscheibe: Hochleistungssportler der DDR

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Das kleine Fernsehspiel, in dem das abenteuerliche und tragische Schicksal Ines Geipels im Mittelpunkt steht, würde ich mit einem Zitat von ihr überschreiben:

“Ich habe die Teilung des Landes im Bauch ausgetragen.”

Vielleicht gewährt diese Dokumentation differenzierte Einblicke in den überaus erfolgreichen Leistungssport dieses Landes, da den Film Sandra Kaudelka, eine ehemalige DDR-Meisterin machte.

Einige bemerkenswerte Zitate der Protagonisten:
Udo Beyer (immer glasklar pragmatisch und ehrlich):
“Leistungssport in der DDR war Kapitalismus im Sozialismus.”
“Man wird ja nicht nur Olympiasieger für Erich Honecker, sondern auch für 17 Millionen andere Menschen.”
“Träumen darf man, aber das sollte man nicht im  Leben.”
“Doping macht vielleicht zwei, drei Prozent aus, alles andere ist harte Arbeit.”
Marita Koch (wie auch früher immer noch sehr leise):
“Mancher glaubt noch heute bei uns besondere Geheimnisse entdecken zu können, dabei ist dieses sogenannte Geheimnis eine ganz normale Sache: der real existierende Sozialismus unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat.” (es bleibt offen, ob ihr diese Aussage diktiert wurde oder ihre Meinung ist)
Brita Baldus:
“Klar, Sieg für die DDR, aber nur für dich allein wird die Hymne gespielt und die Fahne hochgezogen. Da denkt man auch an niemanden, nur an sich.”
“Strohdoofe Weltrekordler in die Welt zu schicken, das funktioniert einfach nicht.”
Ines Geipel:
“Für jemanden, der zeitgleich im Gefängnis gesessen hat, ist natürlich ein DDR-Athlet ein Oberidiot, der nicht nach rechts oder links schaut.”
Zitiert wird Manfred Höppner (verurteilter Vizechef des Sportmedizinischen Dienstes):
“Bis auf Segeln und Künstlerische Sportgymnastik wurde in allen Sportarten gedopt.”

 

Kino: “Das große Museum”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Für jemanden, der mittlerweile dreieinhalb Jahrzehnte in einem Museum schuftet, sollte das Ansehen des Dokumentarfilms “Das große Museum” ein Muss sein.
Drehbuch, Regie und Kamera: Johannes Holzhausen. Der Mann webt mit leichter Hand einen schönen Bildteppich des Alltags, aber auch von Festtagen des 1891 erbauten Wiener Kunsthistorischen Museums. Der dominierende Eindruck ist  einfach eine übergreifende und wohltuende Ruhe.
Kommentarlos und ohne musikalische Untermalung folgt man immer wieder den Fluchten des prächtigen Hauses in langen Kamerafahrten durch schier endlose Gänge. So begleitet man auch schon mal einen Kustos, der per Roller zum Drucker eilt.
Ausführlich dokumentiert sind vielfältige Reparaturen an der Bausubstanz des Museums, das ist bei alten Gebäuden unvermeidlich. Man sieht eine wunderbar alte und dann auch überraschend oft moderne Sammlungseinrichtung.
Präzise werden die finanziellen Probleme einen solchen Kulturtempels an der Person des coolen kaufmännischen Direktors aufgezeichnet. Ständig mahnt er an, dass die Leitung des Hauses und alle Mitarbeiter ihr Hauptaugenmerk darauf legen müssen, die Einrichtung nach außen immer wahnsinnig positiv darzustellen. Das “Wiener Kunsthistorische” erledigt dies mit veritablem Habsburger Mythos, grandiose Protagonistin ist dabei die Direktorin Sabine Haag.
Breiten Raum nimmt die Tätigkeit der technischen Angestellten ein. Sympathisch ist eine Szene, in der eine Aufsichtskraft (mit russischem Akzent) bei einer Belegschaftsversammlung vehement einen kollegialeren Umgang über die Abteilungsgrenzen hinweg einfordert. Nicht nur bei Weihnachtsfeiern bleiben die hierarchisch streng getrennten Gruppen unter sich. Das Problem wird “weggelächelt”. Toll ist auch, einen Restaurator zu beobachten, der bei der richtiggehend schweißtreibenden Tätigkeit schwer fluchend nahezu verzweifelt. Schön herausgestellt wird die Arbeit des Designers, der das neue Logo der “Kaiserlichen Schatzkammer” so klassisch, wie möglich gestaltete. Interessant war die Diskussion über die Entstehung eines Gemäldes von Peter Paul Rubens: Vielleicht hat der vermeintliche Schöpfers es über einen langen Zeitraum verändert und eventuell ein anderer Maler später zu Ende gebracht oder übermalt. Und dies geschah nach dem herrschenden Zeitgeschmack, so dass es möglichst teuer verkauft werden konnte. Einen Höhepunkt hat der Film bei der Schilderung der Abschiedsfeier eines Kustos. Der Verehrte wird mit einigen Worten und einer Urkunde in den Ruhestand entlassen Wenige Kollegen machen ihre Aufwartung – das ist wohl der Lauf der Zeit.
“Das große Museum” ist eine Art Liebeserklärung an das traditionelle Museumsdasein. Forschen, Sammeln und Ausstellen waren die Säulen der Daseinsberechtigung. Heute sind Marketing und bedingungslose Selbstdarstellung anscheinend Garantien für den Fortbestand der hehren Horte der Kunst und Naturgeschichte.
Im sehr gut besuchten Berliner Kino der Brotfabrik konnte dieses kleine Meisterwerk für 6 Euro Eintritt (ohne jede Werbung!) angesehen werden. Logisch erschien mir, dass im Leergutkasten am Ausgang viel mehr Wasser- als Bierflaschen landeten.

 

Kino: “Jack”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Edward Berger drehte einen sehr traurigen Film. 

Ein zehnjähriger Junge irrt durch Berlin, um seine Mutter zu finden. Eigentlich rennt Jack ununterbrochen (die schauspielerische Leistung Ivo Pietzckers ist großartig). Die Kamera hastet mit ihm umher. Ganz ruhige Bilder entschleunigen mitunter die Handlung, irgendwann entfacht sie ein wahnsinniges Tempo. Brutale Szenen fordern den Zuschauer. 
Alles dreht sich um Kindheit, die keine ist. Jack ist unvorstellbar selbstständig und viel zu erwachsen. Man ist wütend, dass der sympathische Junge kein Lausbube sein kann. Immer türmen sich neue Probleme auf, die er zu lösen versucht.
Wenige Erwachsene helfen.
Jack ist getragen vom hohen Gut der Bruderliebe zum fünfjährigen Manuel.
Meiner Meinung nach ist der Streifen ein herzzerreißendes Drama und eine beeindruckende Parabel auf die grausame Einsamkeit, die in der Großstadt unserer Tage herrschen kann.
Außer mir saßen in der Vorstellung nur noch ein vielleicht zehnjähriger Junge mit seiner Mutter.

 

Kino: “Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit”!

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Kino lohnt sich, macht Spaß!
Es ist schwer zu glauben, aber vielleicht gibt es ja doch noch Leute, die “Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit” noch nicht angesehen haben.
Jedenfalls saßen in der heutigen Vorstellung nur wenige Zuschauer und ich musste belustigt feststellen, dass ich mich nicht erinnern kann, vorher schon mal der Jüngste gewesen zu sein. Vielleicht liegt das aber ganz einfach am Thema.
Dieses filmische Meisterwerk behandelt die unpopuläre Problematik Tod.
Dabei zeigt sich die grausame Vereinsamung vieler Zeitgenossen (Filmzitat: “Das Schönste ist doch ein gutes Grab mit guter Aussicht”.)
Was bleibt von uns erhalten, wenn wir das Zeitliche segnen?
Die Bedeutung der Familie wird überdeutlich – zum Glück habe ich zwei geratene Söhne!
Der hinreißende Streifen bringt alle nicht gerade aus Hartholz geschnitzten Charaktere zum hemmungslosen Weinen. Ich verlor Unmengen an Tränen und sah demzufolge viele Szenen verschwommen, konnte aber der stringenten Handlung stets folgen.
Ein Bonmot liefern zwei Penner mit einer Whiskyflasche in der Hand: “Das wünschen sich doch alle Männer: Eine tolle Frau, mit der man still sein kann.”
Der sensationelle Hauptdarsteller, Eddie Marsan, erforscht die Umstände des Ablebens von Menschen, die ihr Dasein anscheinend ohne Angehörige zubrachten, schreibt die Trauerreden, organisiert deren Beisetzungen und ist ständig der einzige Besucher. Die Stelle dieses auch in einem tristen Zuhause so akkurat arbeitenden Mannes wird wegrationalisiert. Ein neuer schleimiger, karrieregeiler, Audi-fahrender Vorgesetzter entlässt ihn: “Wenn es keine Hinterbliebenen gibt, muss es keine Beerdigungen geben.”
Hier ist mir die Geschichte ein Plädoyer für eine aussterbende Einstellung zur Arbeit. Dieser John May agiert sehr nachdenklich, äußerst akkurat, aber auch langsam. Ihn beschreibt eine Szene vortrefflich: Beim Überqueren einer augenscheinlich unbefahrenen Straße blickt er jeweils zweimal nach links und rechts. Seine Nachfolgerin im Beruf schafft da anders: Sie kippt mehrere Urnen mit der Asche von Verstorbenen im Akkord in eine Grube.
Das Filmende ist so dramatisch, wie die Handlung eigentlich unspektakulär erscheint.
Mr. May erfährt wundersame Veränderungen.
Vor Begeisterung schreckt man auf, wenn der Mann nach seinem letzten Arbeitstag die Nobelkarosse seines Chefs anpinkelt! Er legt die bislang omnipräsente Krawatte ab, sein Gesicht erstrahlt in umwerfendem Lächeln und er verabredet sich mit einer jungen Frau zum Tee.
Für diesen Film ist es konsequent, dass die Wandlung nicht ungesühnt bleibt.
Der Held verunglückt.
Die Beerdigung, die er zuletzt organisierte, wird von unverhofft vielen Trauergästen besucht.
Sein Sarg wird hingegen einsam und unbeweint zu Grabe gelassen.
Das Herz des Filmfreundes bricht endgültig.
Auch die vielleicht kitschige Schlussszene, wenn all die Menschen, deren Schicksal nach ihrem Tod diese gute Mensch ergründete, schemenhaft auf dem Friedhof erscheinen, trübt den Gesamteindruck dieses großartigen und so schön traurigen Filmwerks keinesfalls.
Ein Hilfsarbeiter im Krematorium resümiert brillant: “Sie sind was Besonderes, Mister May!”

 

Fussball, Kino: “Hoffenheim. Das Leben ist kein Heimspiel”

nostalgischer Fußball

Ein Dokumentarfilm über den Parvenü-Verein aus dem Kraichgau!
Die TSG Hoffendem ist mittlerweile in der 1. Bundesliga angekommen und etabliert – der Mäzen Dietmar Hopp (“Unsere Tradition ist die Zukunft”) wird in den Fußballarenen nicht mehr permanent beleidigt.
Diese Entwicklung kann man durchaus als Blaupause für das befürchtete Erfolgsszenario von RB Leipzig betrachten.
Nostalgisch und wehmütig werden auch die alten Fans des Dorfvereins in der Dokumentation beobachtet.
Bleibt der ursprüngliche Fußball in der mediengesteuerten Gegenwart auf der Strecke?
Zu dieser Entwicklung tragen wir alle bei. Die Fernsehgelder sind doch die größte Einnahmequelle der Profivereine, wenn sie nicht gerade als BSG /Werksverein (Wolfsburg, Leverkusen) alimentiert oder von Milliardären als großzügige (oder berechnende) Gönner mit Kohle vollgestopft werden.

https://www.youtube.com/watch?v=06hOjhgaeeE

Kino: Robin Williams hat sich abgemeldet

Grafik: Jabs

Grafik: Jabs

“Der Club der toten Dichter”, in dem Film, der in meiner Rangliste der zehn besten Filme aller Zeiten Eingang fand, zelebriert Robin Williams den Lyriker Walt Whitman: “Oh Captain, My Captian!”

CARPE DIEM…