Category Archives: Bücher

Bücher: Sonderling, Einzelgänger, Sprachpionier, genialer Schriftsteller Arno Schmidt

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Morgen feiert die Literaturwelt den 100. Geburtstag von Arno Schmidt:
“Ich wage das Diktum, dass alle Dichter und zwar genau proportional ihrer Bedeutung nach wachsend im bürgerlichen Sinn ungesellige, freundlose Subjekte waren.”

“Ein guter Schriftsteller darf weder haben Freund, noch Vaterland, noch Religion.”

Bücher, Fotografie: Only Photography

Foto: Yutaka Takanashi

Foto: Yutaka Takanashi

Only Photography:
Der Verleger Roland Angst macht aufwendig gestaltete und brillant gedruckte Fotobücher in kleinen Auflagen (500 Expl.) für eine elitäre Klientel, die es nicht bei amazon zu erstehen gibt.
Eindrucksvoll sind die immer wieder vorkommenden Klappseiten. Für Freunde der Fotokunst ist schon der Anblick auf dem Monitor eine Wonne!
Jedes Buch läuft mit einer Sonderedition, z.T. mit analogen Abzügen.

http://www.only-photography.com/seiten/verlag_publikationen_1.html

Bücher: Christiane zu Salm: “Dieser Mensch war ich”

Berliner

Regine Sylvester schreibt in der Berliner Zeitung vom 08.11.2013 über die Arbeit der schmucken Christiane zu Salm als Sterbebegleiterin.

Die Ex-MTV- und 9Live-Chefin sammelte überraschend wahrlich interessante Gedanken von 80 dem Tod geweihten Menschen in einem Buch, die als Nachruf an ihrem eigenen Grab verlesen werden sollen.

Bücher: Axel Hacke: “Der kleine König Dezember”

Illustrationen: Michael Sowa

Illustrationen: Michael Sowa

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“Der kleine König Dezember” – Ein begeisterndes, zauberhaftes, kleines Märchen über dem großen Sinn des Lebens von Axel Hacke mit kongenialen Bildern von Michael Sowa (Verlag Antje Kunstmann, 1993) – fast eine Million verkaufte Bücher.

…”‘Wir wissen fast alles’, sagte der kleine, fette König. ‘Wir wachen auf und liegen da und erheben uns und können schreiben und infinitesimalrechnen und kompjutaprogrammieren und zurarbeitgehen und geschäftsessen. Alles kein Problem. Aber nach und nach vergessen wir’s. Wenn einer dann nicht mehr geschäftsessen kann, muss er nicht mehr ins Büro kommen, weil man ihn dort nicht mehr braucht. Dann darf er zu Hause bleiben und noch mehr vergessen. Sein Kopf wird leer, und es gibt Platz darin. Die anderen müssen ihm Essen machen, und danach darf er zu seinen Freunden gehen. Oder die Schatten im Garten anschauen und sie für Gespenster halten. Oder den Wolken Namen geben. Oder seinen Teddybär anschreien. Oder…'”…
“‘…Also, du schläfst morgens ein und träumst den ganzen Tag, dass du ein Insbürogeher bist und dass du arbeitest, arbeitest und arbeitest. Und abends, wenn du ins Bett gegangen bist, wachst du auf und bist die ganze Nacht, was du wirklich bist. Mal ein Pilot und mal ein Ruderer und mal ein Wasweißich. Ist es nicht besser so herum?'”…
…”‘weißt du, der alte Mann ist seit 52 Jahren mit derselben Frau verheiratet. Sie leben in einer kleinen Wohnung, und sein Lieblingsessen ist Knödel mit Soße. Wenn er eine Zigarette will, muss er in der Küche bei offenem Fenster direkt vor dem Aschebehälter des Ofens rauchen, weil sie es so verlangt. Wenn er den Lottoschein ausfüllt, muss er die Zahlen ankreuzen, die sie sich wünscht; das Datum ihres Hochzeitstages gehört auch dazu. Und wenn er im Bademantel auf dem Sofa liegen möchte, um das Tapetenmuster auswendig zu lernen, kommt ihre Freundin zu Besuch. Am liebsten würde er seine Frau töten. Aber das traut er sich nicht, und außerdem kann kann er keine Kartoffelknödel machen. Deshalb versucht er jeden Tag aufs neue, den Pudel umzubringen – es ist ihr Pudel.'”…
…”Der König Dezember hat einmal zu mir gesagt: ‘Warum willst du hinter die Wände gucken, statt dir vorzustellen, was hinter den Wänden sein könnte? Warum willst du dich nicht hinsetzen und die Augen schließen und dir selbst die Bilder einer Welt ausdenken? Als du klein warst, konntest du es, mit offenen Augen sogar. Hast du das vergessen? Warum hast du es vergessen?'”… 
…”‘Ein Mensch schaut sein Leben lang die Welt an, und in seinem Kopf sammeln sich Millionen von Bildern. Manche von ihnen guckt sich der Mensch fast jeden Tag wieder an, andere sind aber in ganz entlegenen Zimmern seines Kopfes aufgehängt, und er sieht sie erst wieder, wenn er lange gesucht hat oder zufällig dorthin gekommen ist. Aber sie sind da, auch wenn er sich vielleicht nie mehr an sie erinnert – sie sind immer in seinem Kopf.'”… 

Bücher, Kunst: “Ein Buch ist eine Flaschenpost”

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Das außerordentlich lesenswerte Interview von Petra Ahne und Cornelia Geissler mit Judith Schalansky ist ein enthusiastisches Loblied auf die Buchkunst.

(Berliner Zeitung. 05./06.10.2013)

Bücher, Fussball: Eduardo SACHERI: “Die Hand Gottes und andere Tangos”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Ein wundervolles Büchlein mit elf Kurzgeschichten zum Thema Fußball des klugen, witzigen und brillant schreibenden Eduardo Sacheri.

“Es gibt Leute, die behaupten, Fußball habe nichts zu tun mit dem Leben, dem Menschen, dem Wesentlichen. Was diese Leute vom Leben wissen, kann ich nicht sagen. Aber eines weiß ich bestimmt: Vom Fußball haben sie keine Ahnung.”
“Die Hand Gottes und andere Tangos” ist zugegebenermaßen ein unglücklicher deutscher Titel (Übersetzung Matthias Strobel), aber nichtsdestotrotz eins der besten Bücher in diesem Genre, die es hierzulande zu empfehlen gibt.

Das Vorwort verfasste Jorge Valdano (22 Länderspiele für Argentinien), der für die Albiceleste bei den Weltmeisterschaften 1982 und 1986 an der Seite von Diego Maradona stürmte, ohne auch nur einmal dabei ausgewechselt zu werden. Im Finale 1986 trug er nicht nur mit einem Tor zum Titelgewinn bei. Als Spieler, später Trainer und Sportdirektor prägte Valdano eine Ära von Real Madrid. Nach der Fußballkarriere bei den Königlichen schrieb der beliebte Mann ein Buch und zahlreiche Kolumnen.
“Die Zeit mildert unsere Obsessionen, und die Intelligenz verwandelt sie schließlich in Kunst.”
Sacheri berichtet kurzweilig über unterschiedlichste Facetten des weltweit geliebten Rasensports.
“Warten auf Tito”: Ein argentinischer Profi, in den Diensten eines europäischen Spitzenklubs stehend und dort viel Geld verdienend, täuscht bei seinem Verein eine Verletzung vor, um bei einem Kick seiner alten Kumpels mitzuwirken. Es handelt sich um ein spontanes Spiel einer zusammengewürfelten Hobbymannschaft gegen eine verfeindete Elf von der gegenüberliegenden Straßenseite. Tito wird bis zum Anstoß sehnlichst erwartet und als keiner mehr mit seinem Erscheinen rechnet, kommt er doch noch an. Er kann seine Jugendfreunde einfach nicht im Stich lassen.
“Raulitos Club”: Herzzerreißend! Ein Vater wird selig, da sein Sohn zu einem Anhänger seines Lieblingsvereins wird und nicht mehr zum übermächtigen Rivalen hält.
“Baltasar Quinones”: Ein Märchen von der Auferstehung eines Fußballheiligen.
“Dann geschah das Merkwürdige”: Die wundersame Geschichte erzählt vom Glauben, der ein Wunder auf einem Bolzplatz bewirkt.
“Für Achaval gab keiner einen Pfifferling”: Ergriffen und staunend las ich, wie ein Junge aus dem Himmel auf einen Sportplatz kommt, um Wunderdinge für seine Kameraden zu vollbringen.
“Genau so ein Lächeln”: Zum Schluss eine lustige Erzählung über die Liebe, die Liebe zu einer Frau und zum Fußball. Mit der Beschreibung des Weltmeisterschaftsendspiels 1950 (16.07.1950, Stadion Maracana in Rio de Janeiro, 200000 Zuschauer) zwischen dem haushohen Favoriten Brasilien und dem Kontrahenten Uruguay versucht ein Jüngling die Angebetete zu erobern. Er weiß zu berichten, dass die “Himmelblauen” in diesem Auswärtsspiel schlicht chancenlos sind. Die Kapelle, die bei der Pokalübergabe die Nationalhyme des Siegers intonieren sollte, hatte die Partitur der uruguayischen Hymne nicht mal parat. Völlig überraschend ringt aber der David den Goliath 2:1 nieder.
“Nichts ist für immer, nichts ist endgültig, nichts ist unmöglich. Ist Fußball deshalb so schön?”
Mithin redet der vermeintlich hoffnungslos Verliebte ein nie zuvor gesehenes, wunderschönes Mädchen in einem Kaffeehaus schwindlig und zaubert ihr sieben Mal ein Lächeln ins Gesicht. Und wenn man mit einer Fußballgeschichte eine Frau zum Lachen bringen kann, dann…!

 

Bücher: Übers Sterben

Foto: Jabs

Foto: Jabs

 

Daniel Kehlmann in der unglaublich spannenden und brillant erzählten Geschichte „Die Vermessung der Welt“ – ein Roman, der wahrlich nicht überschätzt wird:

 

“Was, meine Damen und Herren, ist der Tod? Im Grunde nicht erst das Verlöschen und die Sekunden des Übergangs, sondern schon das lange Nachlassen davor, jene sich über Jahre dehnende Erschlaffung; die Zeit, in der ein Mensch noch da ist und zugleich nicht mehr und in der er, ist auch seine Größe lange dahin, noch vorgeben kann, es gäbe ihn. So umsichtig, meine Damen und Herren, hat die Natur unser Sterben eingerichtet!” 

 

Der renommierte Künstler antwortete auf die Frage, warum man in jungen Jahren so klug schreiben könne, durchaus schlagfertig und augenzwinckernd: Jesus hat seine Bergpredigt schließlich auch schon mit 32 Jahren gehalten…