Bücher: Henri Cartier-Bresson: “Man redet immer zu viel”

Foto: Jabs

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Gespräche über das Leben, die Kunst und die Photographie 1951-1998
Ein außerordentlich lesenswertes Büchlein, da der Großmeister der Fotografie Henri Cartier-Bresson so interessante Gedanken zur Fotografie zum Besten gibt.
Zitate:
“Man redet immer zu viel. Man macht zu viele Worte, um nichts zu sagen.”
“Ein Photograph darf nicht rennen, er muss gehen, und zwar unermüdlich.”
“Ich bin ein visueller Typ. Ich begreife durch die Augen.”
“Denken muss man vorher und nachher, nie während man photographiert.”
“Malen und die Welt verändern, das waren die wichtigsten Dinge in meinem Leben.”
“Aber es gibt nichts zu sagen. Man muss schauen, und Schauen ist so schwierig. Man ist gewohnt zu denken. Wir grübeln die ganze Zeit, mehr oder weniger, aber man bringt den Leuten nicht bei zu sehen. Das dauert. Es braucht enorm viel Zeit, sehen zu lernen. Ein Blick, der Gewicht hat, der Fragen stellt.”
“Aber man kann sich nicht ständig Photos anschauen. Ich schaue mir lieber das Leben an, ziehe los, um zu sehen, was auf der Straße geschieht. Es gibt keine Regeln, jeder muss seinen Weg selbst finden, es gibt tausend Wege. Ich finde, man muss sich vollständig verlieren, um aufzugehen, um wie ein Fisch im Wasser zu sein.”
“Ich habe nie irgendetwas gewollt. Man solkl nicht wollen und ich will nicht wollen, wollen ist schrecklich.”
Beschreibung des Buches von Booklooker:

“Ich bin ein visueller Typ. Ich begreife durch die Augen” – Henri Cartier-Bresson (1908-2004), Meister des entscheidenden Augenblicks und Mythos malgré lui, machte das photographische Bild zur Sprache seiner Wahl. Seinem Bekenntnis treu, hat er ein gewaltiges photographisches Werk in Schwarzweiß geschaffen, das stilprägend für das 20. Jahrhundert wurde, seine Bildbände sind “Bibeln” der photographischen Zunft. Schriftlich hat er sich nur wenig über seine Tätigkeit geäußert, Worte zu seinen Bildern zu finden überließ er befreundeten Schriftstellern und der Kunstwissenschaft. In Interviews und Gesprächen hingegen gab er freimütig Auskunft – seit seiner epochalen Ausstellung 1947 im New Yorker MoMA war er ein begehrter Interviewpartner von Journalisten und Spezialisten aus aller Welt. Mit Verve und Esprit, Temperament und Humor erzählt er dort von seiner Herkunft, prägenden Einflüssen durch Kubismus und Surrealismus, Lehrjahren im Film bei Jean Renoir, frühen Abenteuerreisen nach…

Bücher, Fussball: Joachim Seyppel: “Fußball-Nachrichten vom Heroengeschlecht an der Gasanstalt”

Foto: Jabs

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Ein großartiges Fußballbuch. Ganz besonders die Kenner des Berliner Vereinsfußball werden beim Lesen begeistert sein. Es werden Geschichten um den BSV 92 erzählt. Der Verein wurde 1892 als Berliner Thor- und Fußball-Club (BTuFC) Britannia 1892 gegründet und wurde 1914 zum Berliner Sport-Verein 1892 e.V.
In den Gründerjahren schwappte die Begeisterung für diesen Ballsport aus Merry Old England nach Deutschland über. Hierzulande, so auf dem Tempelhofer Feld, beäugten Schutzmänner diese Fußlümmelei mit Argwohn. Solcherart sportlicher Betätigung junger Männer wurde von den Ordnungswächtern mitunter rigoros unterbunden und verboten.
Der Schriftsteller Joachim Seyppel war ein Tausendsassa! Er arbeitete auch als Landarbeiter, Schauspieler, Philosoph und Wissenschaftler. In dem 1971 im Aufbau-Verlag erschienenen  Buch “Fußball-Nachrichten vom Heroengeschlecht an der Gasanstalt” berichtet er vom Leben der Fußballer aus der Forckenbeckstraße. 70 Jahre lang wird das Geschehen auf und neben dem Sportplatz witzig und tiefgründig geschildert. Es geht in der Historie bis zum Tod des Fußballs durch die Bundesliga.
(Dieses mehr als lesenswerte Büchlein ist nur noch antiquarisch zu erwerben.)
Zitat (so konnte man in Vorzeiten Fußball begreifen):
“Das ist hier mein Rechtsaußen, sozusagen mein rechtes Bein, mein linkes Bein ist der Linksaußen, meine beiden Gehirnhälften stehen halbrechts und halblinks, meine beiden Lungen spielen Außenläufer, die beiden Verteidiger als Nieren scheiden gewissermaßen das für uns Gefährliche aus, der Torwächter ist unser Magen und Darm und muß leichte und schwere Brocken verdauen, das Herz fungiert als Mittelläufer, und vorn steht mein Mittelstürmere, der muß die Tore schießen, unser fruchtbarster Stoßkeil, sozusagen das Geschlecht…. und die Mannschaft als ganze ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, die Haut, die alles zusammenhält, und über der Haut liegt der Dreß… Die Leber ist unser Ersatzmann, denn die Leber speichert Traubenzucker, Reserveenergie, und Reserveenergie und Traubenzucker, also sozusagen die Leber ist immer unser zwölfter Mann, der Ersatzmann.”
Aus dem Nachsatz Joachim Seyppels:
“… Fußball und Fußballspieler, Fußball und Fußballpublikum – man wünscht sich, daß sich das zu einer Einheit zusammenfindet, aber auch hier herrscht die leidige Aufteilung: in ein Spiel, das schön ist (wenn perfekt praktiziert, ein Ballett), und in jene, die bloß zugucken. Und jene, die bloß zugucken, teilen sich nun auch noch in die einen, die wenigstens noch zum Fußballplatz, bei jedem Wetter, pilgern, und in die anderen, die zu Hause vor dem Fernseher bleiben. Eine Sache, die darunter leidet, daß sie so oft mißverstanden wird. Alt werden kann man, aber Fußball spielen müßte man, bis zuletzt, können. Eleganz der Bewegung, Stellungsspiel und als Intelligenz, Mannschaftsgeist, Ausdauer, Schnelligkeit, faire Härte, Trickreichtum, Phantasie, Könnertum neben allgemeiner körperlicher Durchbildung, Charakter, Hirn, Herz, Lunge, Schenkel, Waden, Spann, auch der Kopf, innen und außen: ich wüßte kaum ein Spiel, das so viel verlangt wie Fußball.
… Jede Sportart ist schön, ich werte keine ab, aber ich, man verzeihe, halte Fußball für die schönste.
… Geblieben ist ein Rest Wadenmuskel, geblieben sind Reminiszenzen, Narben am Schienbein, Vorschau und Hoffnung auf ein Goldenes Zeitalter, in dem jeder Fachsimpel selbst einmal gekickt hat: diesen Zauberball, so etwas herrlich Rundes, was sich uns anbietet und entzieht, was lockt und verführt, mit uns spielt, uns foppt, uns erregt und nie befriedigt, allenfalls erschöpft, bis wir wieder zu Atem, zu Kraft, Lust, Willen gekommen sind, wir, Kinder wir, die zufällig groß geworden, Erwachsene, die plötzlich auf dem Spaziergang den vom Feld getrudelten Ball zurückkicken müssen und sich dabei sogar die geputzten Schuhe beschmutzen oder zerkratzen. Hier brechen wir ab, larmoyant wollen wir, modern und sachlich, wie wir sind, keinesfalls werde.”
Vereinslied des immerhin zehnfachen Berliner Meisters BSV 92:

(Melodie: Strömt herbei ihr Völkerscharen)
​Überall, wo deutsche Lieder

man dem Sporte hat geweiht,
hör‘ ich deinen Namen wieder,
wo man übt Geselligkeit
Achtzehnhundertzweiundneunzig
schuf ein Häuflein den Verein,
Jugend war der Wegbereiter
zum Berliner Sport-Verein.

Deine Farben leuchtend wehen
auf des Rasens grünem Plan,
und mit Stolz wir auf sie sehen
auf der sieggewohnten Bahn.
„Schwarz und Weiß“ soll uns geleiten,
soll der liebste Schmuck uns sein,
wenn wir wacker für dich streiten,
mein Berliner Sport-Verein.

Doch nicht nur zum frohen Streite
sind wir alle stets;
an des treuen Freunde Seite
lieben wir Geselligkeit.
Denn die Freundschaft und die Treue
sollen unverbrüchlich sein.
Darum rufen wir auf’s neue:
„Hoch! Berliner Sport-Verein!“

Drum erhebt euch, liebe Brüder!
Lasst uns unsern Bund erneu’n,
dass an jedem Morgen wieder
wir ihm gern das Leben weih’n!
Brausend ruft’s den Freunden allen
in der Ferne, Groß und Klein!
„Vivat, crescat!“ soll es schallen
„Floreat, du Sport-Verein!“–

Mattscheibe: Serie “Nackt über Berlin”

Foto: Jabs

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Eine Serie als abendfüllender Film von Axel Ranisch: tolle Geschichte, sehr interessant erzählt, großartige Schauspieler (Thorsten Merten brilliert in seiner Rolle als Schuldirektor auch mit seiner großen Verbundenheit zu Eisern Union).
Also: sehr sehenswert!