Category Archives: Kino

Kino: “Toni Erdmann” von Maren Ade!

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Meinem Geschmack nach ganz großes Kino!
Als Urlauber konnte ich es in einer dürftig  besuchten Nachmittagsvorstellung genießen. Toll ist es in einem Saal zu sitzen, in dem der Ton so richtig laut ist – die Musik macht große Freude.
Nun habe ich dem deutschen Film gegenüber große Vorbehalte, wurde aber heute durch Maren Ade eines Besseren belehrt.
Es geht ganz einfach um das Thema “Kinder und Eltern”.
Entgegen den vorher gelesenen Kritiken sehe ich den Film nicht als Lustspiel. Getragen wird er von zwei wirklich hervorragenden Schauspielern. Sandra Hüller brilliert übrigens nicht nur mit einer herrlichen (Whitney Houston-)Gesangseinlage. Der Streifen ist außerordentlich tiefsinnig, nicht komisch, aber oft witzig. Drei Stunden wird temporeich und abwechslungsreich erzählt. Man erfährt vieles über das heutige Leben in der gehobenen Gesellschaft. Wie arbeiten Wirtschaftsberater, wie denken und feiern sie?
Zum Thema: Wie findet man Zugang zu seinen erwachsenen Kindern?
Es wird die zentrale Existenzfrage gestellt: Was willst du noch, was macht unser Dasein lebenswert? Selbstverständlich gibt es darauf keine Antwort. “Toni Erdmann” nimmt sich aber Zeit und entlässt den Kinobesucher mit dem Allgemeinsatz, dass die wichtigen Momente oft vorbeihuschen – klitzekleine Begebenheiten mit den Kindern werden uns erst im Alter ihrer Wichtigkeit bewusst. Dabei hatte ich doch immer irgendetwas abzuhaken, erst noch zu erledigen…
Man muss Glück auch zulassen!

http://www.berliner-zeitung.de/kultur/film/filmkritik-zu–toni-erdmann–nacktparty-und-sperma-toertchen-24386302

Kino: Maria Schraders “Vor der Morgenröte”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Ein unaufgregter, leiser Film über die letzten Lebensjahre des großartigen Schriftstellers Stefan Zweig.
Ich hatte etwas Bammel vorm Ansehen, behandelt er doch verdammt schwere und aktuelle Themen:
Wie intensiv muss man Flüchtlingen aus den Kriegs- und Krisengebieten helfen?
Wie nehmen Künstler ihre politische Verantwortung wahr?
Der großen Lobhudelei des oft zitierten Feuilletons über diesen Streifen kann ich mich nicht so recht anschließen. Obwohl tolle Schauspieler und eine sensible Kamera zu bewundern waren, wurde ich von der Erzählung nicht ganz “mitgenommen”.

http://www.zeit.de/kultur/film/2016-05/vor-der-morgenroete-maria-schrader-biopic-stefan-zweig

Kino, Uckermark: “Landstück” von Volker Koepp

Foto: Jabs

Foto: Jabs

“Die Uckermark – hügelig wie die Toskana und leer wie Sibirien…”
Dieser Film von Volker Koepp macht sehr nachhdenklich! Gedreht wurde in der Nähe meines Heimatortes, nämlich in der Gegend um die Dörfer Gerswalde, Herrenstein, Flieth, Temmen, Kaakstedt…
In den Filmkritiken verspricht man grandiose Panoramen. Ich sah nur behutsame Kameraschwenks über gar nicht so begeisternde Landstriche (nach vielen wunderbaren Volker Koepp-Streifen mit der Kamera Thomas Plenerts zeichnete diesmal Lotta Kilian für die Bilder verantwortlich). Dabei ist es doch herrlich, wenn persönliche Erwartungen durchkreuzt werden und es der Dokumentation gelingt, den wohlwollend geneigten Zuseher an anderer Stelle “abzuholen”.
Meiner Meinung nach steht die ach so herb-schöne Uckermark als Landschaft auch nicht im Mittelpunkt, sondern es geht vielmehr um ökonomische und ökologische Probleme der Region.
Zugezogene berichten über von ihnen praktizierte aufwändige Bio-Landwirtschaft. Die Alteingesessenen erinneren sich an die arbeitsreichen und monotonen DDR-Zeiten. Die Männer sind bald gestorben und die einfachen, aber um so herzlicheren Frauen beklagen die Entvölkerung und soziale Entfremdung. Bemerkenswert ist allen, dass die hiesigen großen Ländereien nicht mehr von den Uckermarkern gekauft werden können, sondern ausnahmslos von Bodenspekulanten von weit weg (z.B. Restpostengroßhändlern oder Möbelfabrikanten).
Ganz allgemein aktuelle Umweltschutzprobleme erklärt der famos Zusammenhänge herstellende Wissenschaftler Prof. Roland Succow. Es macht große Freude, diesem brillanten Kopf und sensiblen Geist zuzuhören (und zuzusehen).
Lustig ist auch eine Geschichte, die der in Voßberg ansässige Kameramann Thomas Rosié erzählt. Er kennt einen Naturfilmer, der mit einer Arbeit mal ganz nachhaltig was veränderte. Dieser ermöglichte das Ende des in der DDR praktizierten melioratonstechnischen Verfüllens der zahlreichen Sölle auf den LPG-Feldern der Uckermark mit einer perfekten List…
Toll sind auch Koepps Rückblenden aus seinen Dokumentationen über den Norden von 1976 und 2002.
Der Regisseur des sehenswerten Dokumentarfilms “Landstück” lebt schon einige Jahre im uckermärkischen Herrnstein, das merkt man dieser Arbeit wohltuend an.

Kino: Todd Haynes: “Carol”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Die Tage zwischen dem Weihnachtstrubel und dem knallenden Jahreswechsel (“zwischen den Jahren”) versuchen die wenigen Berliner, die nicht aus der Stadt geflohen sind, gewöhnlich zu einem Kinobesuch zu nutzen. Oft ist es kalt im Prenzlauer Berg und die Lichtspielhäuser glücklicherweise spärlich besucht. Das macht genüssliches Filmeansehen viel wahrscheinlicher. 

Wie es sich gerade herausstellte, war ich in einem Frauenfilm. Fast alle Besucher waren weiblich und kamen als Pärchen, es gab kaum biertrinkende Männer, eigentlich nur einen. 
“Carol” ist auch noch ein Weihnachtsfilm. 
Dieser Film ist so angenehm ruhig. Er zeigt klasse Bilder, die von wunderbar entsättigten Farben getragen werden. 
Die Handlung entwickelt sich behutsam, wird aber auch von rasanten Tempoverschärfungen aufgelockert. Aber sie nimmt mich einfach nicht mit. Mir fehlen interessante Wendungen, der Streifen
ist mir rgendwie zu glatt.
Mein absoluter Höhepunkt an diesem Abend war die Erkenntnis, dass auch Frauen über vierzig wunderschön aussehen können – danke Cate Blanchett!