Category Archives: Kino

Kino, Mattscheibe: Thomas Heise: “Heimat ist ein Raum aus Zeit”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Das Ansehen dieses beeindruckenden Films erfordert Interesse für das Thema und Geduld – er ist über dreieinhalb Stunden lang. Ein aufwändiges Epos über deutsche Vergangenheit anhand einer Familienchronik erzählt. Die Dokumentation zeigt seine Geschichte sehr langsam auf. Briefe werden vom Autor vorgelesen, Namenslisten lang abgefilmt und Landschaften schön in überaus ruhigen schwarzweißen Standbildern oder Kamerafahrten präsentiert. Mich freut es besonders, dass der Wert von Briefen so gefeiert wird. Und die faszinierenden Bilder stehen lange vor dem geneigten Betrachter, können wirken.
Ich sehe Andreas Heises preisgekröntes Werk auch als eine Anklage gegen den Krieg.
Zitat: “Das Wort “entwickeln” besagt doch wohl, dass etwas aus einer Hülle zum Vorschein kommt und Form annimmt. Etwas, das schon vorher da war, aber jetzt erst langsam sichtbar wird.”

Kino, Mattscheibe: “Wim Wenders, Desperado”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Die Filmemacher (Eric Fiedler und “Campino” alias Andreas Frege) nehmen die Filmbilder und bringen Wim Wenders einfach an die Orte, an denen die Filme des gefeierten Regisseurs spielen. Der Porträtierte hat zweifellos grandiose Filme gemacht: “Der Stand der Dinge” , “Paris, Texas”, “Der Himmel über Berlin”, “Das Salz der Erde”… 
Mir ist es der Lobhudelei zu viel, aber bei einem solchen Format liegt das wohl in der Natur der Dinge! Mir gefällt längst nicht alles, was der Mann machte und ich denke da nicht nur an seine Fotokunst. 
Beeindruckend ist aber, dass der Film auch das krachende Scheitern eines Projekts thematisiert und den Umgang mit künstlerischen Niederlagen aufzeigt. Insgesamt ist die Dokumentation doch interessant.
Sehr gut finde ich, dass die Musik (Paris, Texas!) immer eine bedeutende Rolle spielt und die Auswahl des Kino-Granden ist klasse.
Und Wim Wenders sagt die Wahrheit: Es interessiert ihn nicht, was aus seinen Geschichten wird. Er hat eine Idee, plant nichts und weiß nicht, wie die Story endet, es gibt kein detailliertes Drehbuch. Also macht er die Filme für sich und nicht für das Kinopublikum. 
Er antwortet übrigens auf die Frage: Welche Zukunft hat das Kino? mit: “Keine!”
Zitate W. W.: “Große Teile sind mir geschenkt worden.”
“Filme machen ist nur zur Hälfte das, was man macht und zur anderen Hälfte das, was man bekommt.” 
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/wim-wenders-zum-75-der-stille-rebell/26093042.html
Es gibt auch durchaus negative Kritiken:

Kino: “Undine” Christian Petzold

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Endlich wieder Kino!

Der mit überschwänglich Vorschusslorbeeren bedachte Film Undine erfüllte bei mir nicht alle hochgesteckten Erwartungen. 
Anfangs wird ganz behutsam die Geschichte einer wahnsinnig heftigen Liebe erzählt. (Dabei greift der Streifen von Christian Petzold eine Frage auf, die sich mir schon ewig stellt und unerklärlich bleibt: Weshalb verliebt man sich ausgerechnet in diesen und keinen anderen Menschen? Es gibt einfach keine Antwort.) 
In der zweiten Hälfte stürzt mir die Handlung etwas zu ungestüm von einer Katastrophe in eine andere. Das ist mir zu viel Drama!
Es gibt trotzdem viele wunderschöne magische Bilder und märchenhafte Szenen. Großartig stellen die beiden Hauptdarsteller ihre Figuren dar. (Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man das Spiel Franz Rogowskis etwas überbewertet, da er nicht dem landläufigen Schönheitsideal in Kino entspricht. Und es scheint so, als ob er sich immer selbst schauspielt.)
Ein herausragendes Filmzitat: “Du sagst so schlaue Sachen, und so viele davon, auf so schöne Weise.”

Kino, Mattscheibe: “Paterson”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Schon allein wegen der grandiosen Schlussszene lohnt es, diesen, ach so schönen, Film von Jim Jarmusch anzusehen. Es geht nicht nur um eine rührende Liebesgeschichte. (Filmzitat. “Ohne die Liebe, hat da noch irgendetwas einen Sinn?”) Gerade für mich ist es erfrischend, dass es wohl Menschen gibt, denen es große Freude bereitet, ihre Gedanken einfach mit einem Stift zu Papier zu bringen. Und welche, die übrigens ohne Smartphone leben können.

Kino: “Kampftrinken”: Rolf S. Wolkenstein & Wolf Hogekamp

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Mir wurde eine DVD zugespielt: “Blechkiste Berlin” – Kultfilme aus dem Westberliner Untergrund der 80er Jahre. Was ich über diese Sammlung las, erscheint mir ziemlich überbewertet.
Was da unter “Kultfilme” verstanden wird, ist für mich ziemlicher Nonsens. Alle präsentierten Kurzfilme sind handwerklich dürftig gemacht. Die Macher generieren sich selbstverliebt, überdreht.
Exemplarisch ist eine Aussage aus den Interviews mit den Autoren: “Immer schön Presse machen und dann läuft’s. Bei dir doch auch!”
Das Beispiel “Kampftrinken” ist mir zu voyeuristisch und viel zu dekadent:

Fussball, Kino: Fußball…

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Das Leben lernt ihr erst, wenn es losgeht mit dem Verlieren.
Wir bestehen als Team oder gehen als Einzelämpfer unter.
Das ist der Text:
“Ich weiß nicht, was ich euch sagen soll, Männer. In drei Minuten beginnt die größte Schlacht
unserer Profilaufbahn. Heute wird sich alles entscheiden. Entweder bestehen wir als ein
Team oder wir zerbrechen, Stück für Stück, Spielzug um Spielzug, bis wir am Ende sind. Wir
stecken knöcheltief in der Scheiße, Männer! Das könnt ihr mir glauben. Und – ihr könnt da
hocken bleiben und uns den Arsch aufreißen lassen oder wir können uns wieder nach oben
kämpfen, ans Licht. Wir können aus dieser Hölle aufsteigen Stück für Stück, nach oben. Nur –
ich kann das nicht für euch tun. Ich bin zu alt. Ich seh mich um und sehe eure jungen,
frischen Gesichter und denke: Meine Güte, ich habe alles falsch gemacht, was ein Mann in
mittleren Jahren nur falsch machen kann. Ich, ich hab mein gesamtes Vermögen
verplempert. Ob ihr‘s glaubt oder nicht, ich habe jeden Menschen, der mich in meinem
Leben je geliebt hat, vertrieben. Seit einiger Zeit ertrage ich nicht mal mehr den Anblick der
Visage, die ich im Spiegel sehe. Ist nun mal so, wenn man älter wird, geht einem Einiges
verloren. Ich meine, so, so ist nun mal das Leben. Aber das lernt ihr erst, wenn es losgeht mit
dem Verlieren. Dann findet ihr heraus, dass es im Leben auf die Kleinigkeiten ankommt,
genau wie beim FOOTBALL. Weil, sowohl im Leben, als auch beim FOOTBALL der Spielraum
für Fehler winzig ist. Ich meine, ein halber Schritt zu weit oder zu kurz heißt meistens, ihr
kriegt den Ball nicht. Nur eine halbe Sekunde zu schnell oder zu langsam und ihr greift
vorbei. Diesen Kleinigkeiten, die so wichtig sind, begegnen wir immerzu. Und zwar in jedem
Moment des Spiels, in jeder Minute, in jeder Sekunde. Wir kämpfen hier um jeden
Zentimeter! Für ein paar Zentimeter zerreißen wir uns selbst und jeden, der dazugehört, in
Stücke. Wir krallen uns mit den Fingern in die Erde für jeden Zentimeter. Weil wir wissen,
wenn wir die Zentimeter zusammenzählen, die wir geholt haben, ergibt das am Ende den
verdammt wichtigen Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren. Mehr noch: zwischen
Leben und Tod! Ich sag euch eins: In jedem Kampf gewinnt nur der, der für ein Stückchen
Erde sein Leben einsetzt. Und ich weiß, dass noch Leben in mir ist, solange ich auch bereit
bin, für dieses Stückchen zu kämpfen und zu sterben. Weil es das ist, was für mich LEBEN
heißt! Dieses kleine Stück, das ihr vor euch seht. Ich kann euch nicht befehlen, es zu tun. Ich
kann nur sagen, seht euch den Mann neben euch an! Seht in seine Augen, und ich glaube,
dann werdet ihr jemanden sehen, der genauso denkt, wie ihr. Ihr werdet einen Mann sehen,
der bereit ist, sich selbst für das Team zu opfern. Weil er genau weiß, wenn es darauf
ankommt, dann tust du dasselbe für ihn. Das ist ein Team, Gentlemen. Und entweder
bestehen wir jetzt als ein Team oder wir werden untergehen – als Einzelgänger. Das ist
FOOTBALL, Jungs. Mehr ist es nicht. Also, was werdet ihr tun?”