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Bücher: Ein Gedicht

Foto: Jabs

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(Danke Axel)
Nina Hoss spricht “Ich und die Stadt” von Kurt Tucholsky:
Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen
Wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen
Da zeigt die Stadt dir asphaltglatt
Im Menschentrichter Millionen Gesichter
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
Die Braue, Pupillen, die Lider
Was war das? Vielleicht dein Lebensglück
Vorbei, verweht, nie wieder

Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen
Du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen
Ein Auge winkt, die Seele klingt
Du hast’s gefunden, nur für Sekunden
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
Die Braue, Pupillen, die Lider
Was war das?
Kein Mensch dreht die Zeit zurück
Vorbei, verweht, nie wieder

Du musst auf deinem Gang durch Städte wandern
Siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern
Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein
Es kann im Kampfe dein Genosse sein
Es sieht hinüber und zieht vorüber
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
Die Braue, Pupillen, die Lider
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück
Vorbei, verweht, nie wieder

Bücher, Mattscheibe: Edgar Allen Poe feiert die “Kunst des Ungleichseins”

Foto: Jabs

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Once upon a midnight dreary, while I pondered, weak and weary,
Over many a quaint and curious volume of forgotten lore—
While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping,
As of some one gently rapping, rapping at my chamber door.
“’Tis some visitor,” I muttered, “tapping at my chamber door—
Only this and nothing more.”

Bei Wikipedia findet man folgende Übersetzungen:

“Der Rabe”
Die der Originalversion bezüglich Inhalt und Reim am nächsten stehende Übersetzung stammt von Carl Theodor Eben (1864):
Mitternacht umgab mich schaurig, als ich einsam, trüb und traurig,
Sinnend saß und las von mancher längstverklung’nen Mähr’ und Lehr’ –
Als ich schon mit matten Blicken im Begriff, in Schlaf zu nicken,
Hörte plötzlich ich ein Ticken an die Zimmerthüre her;
„Ein Besuch wohl noch,“ so dacht’ ich, „den der Zufall führet her –
Ein Besuch und sonst nichts mehr.“

Hedwig Lachmann (1891):
“Eines Nachts aus gelben Blättern mit verblichnen Runenlettern
Tote Mären suchend, sammelnd, von des Zeitenmeers Gestaden,
Müde in die Zeilen blickend und zuletzt im Schlafe nickend,
Hört’ ich plötzlich leise klopfen, leise doch vernehmlich klopfen
Und fuhr auf erschrocken stammelnd: „Einer von den Kameraden,
Einer von den Kameraden!“

Maria Mathi (1954):
Als ich einst zur Geisterstunde, leidend an der Lebenswunde,
überdachte alter Kunde Weisheit, alter Weisheit Lehr’,
als ich, schläfrig, kaum vermochte, länger wachzubleiben, pochte
an die Tür es leise, pochte sanft wie einer Magd Begehr.
„Oh, da kommt noch ein Besucher“, dachte ich, „wo kommt er her,
– in der späten Nacht noch her?“

 
Wollschläger (1966):
Einst, um eine Mittnacht graulich, da ich trübe sann und traulich
müde über manchem alten Folio lang vergess’ner Lehr’ –
da der Schlaf schon kam gekrochen, scholl auf einmal leis ein Pochen,
gleichwie wenn ein Fingerknochen pochte, von der Türe her.
„’s ist Besuch wohl“, murrt’ ich, „was da pocht so knöchern zu mir her –
das allein – nichts weiter mehr.“

Bücher: Lorenz Pauli: “nur wir alle”

Foto: Jabs

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Ich habe ein wunderschönes Buch für Kinder im Vorschulalter, oder die unlängst in die Schule kamen, abgeschrieben…

Lorenz Pauli: “nur wir alle” 

Kurz bevor die Geschichte begann, langweilte sich der Hirsch noch.

 Der Hirsch tritt aus dem Wald.

Der kleine Bach plätschert friedlich wie immer.

 Dann macht der Hirsch zwei Schritte auf den Bach zu, und die Geschichte beginnt:

 Der Hirsch sieht die Maus. Und er hört sie. Sie pfeift eine Melodie. Dazu balanciert sie über einen Ast, der quer über den Bach liegt. Hin und zurück. Hin und zurück.

Der Hirsch schüttelt den Kopf. Er schüttelt langsam.

Denn das Geweih ist groß und schwer.

Schließlich fragt er: »Was spielst du da?«

Die Maus ist gerade mitten über dem Bach und mitten in der Melodie.

»Ich spiele nicht! Ich mache meine Geschicklichkeitsübungen.«

»Oh!« sagt der Hirsch. »Damit dir nicht mehr so langweilig ist, übe ich mit.

Einfach ich mit dir. Das ist besser als du mit dir.« 

 Die Maus fällt vor Lachen fast vom Ast:

»Sag mal: Steckt dein Geweih so tief im Hirn, dass deine Gedanken nicht daran vorbeikommen?

Du bist viel zu groß für diesen Ast. Das schaffst du nie!« 

Der Hirsch schnaubt:

»Ist dir die Fantasie in den Bach gefallen und davongeschwommen? Wir ändern die Übung etwas ab. 

Jetzt heißt sie ‚Trockene-Füße-Behalten‘.

Du balancierst, und ich springe über den Bach.«

 Noch ist keiner im Bach gelandet …

 Das ist für die Geschichte auch besser so.

 Der Fisch streckt seinen Kopf aus dem Wasser und schaut dem Treiben zu.

Er schwänzelt hin und her und schließlich sagt er:

»Eigentlich bin ich ja stumm wie ein Fisch. Aber jetzt muss ich doch fragen: Was spielt ihr?« 

Maus und Hirsch rufen gleichzeitig:

»Das ist kein Spiel. Das ist unser Training! Das ‚Trockene-Füße-Behalten’-Training.«

 Der Fisch nickt.

»Oh! Darf ich bitte mitmachen?«

 Die Maus und der Hirsch lachen sich schief: »Du hast nur deshalb keine nassen Füße,

weil du gar keine Füße hast.

Du! Kannst! Nicht! Mittrainieren!«

 Unbemerkt fließt eine Fischträne ins Wasser. 

»Und wenn wir zusammen etwas anderes machen? Eine Expedition? Wir könnten gemeinsam herausfinden, wohin der Bach fließt. Nur wir drei …«

 Die Maus schüttelt den Kopf:

»Wir haben keine Zeit. Wir trainieren. So ist das.«

Der Hirsch schaut den Bach entlang und sagt nachdenklich: 

»Das habe ich mich auch schon oft gefragt: Wohin geht wohl dieser Bach? Fisch, ich komme mit auf diese Expedition.«

Die Maus wird laut:

»Was?!? Du wolltest mit mir trainieren und ich habe es dir erlaubt. Und jetzt lässt du mich sitzen? Hast wohl gemerkt, dass ich besser über den Bach komme als du, du lahmer Hüpfer!«

Der Hirsch seufzt:

»Ich möchte mit dem Fisch auf die Expedition gehen, aber ich möchte auch mit dir zusammen sein. Komm doch mit uns, Maus. Du darfst in meinem Geweih weiter trainieren. Nur wir drei…« 

Die Maus nickt. Sie klettert ins Hirschgeweih.

 Das ist für die Geschichte auch besser so. 

Sie turnen, schwimmen und gehen los. 

 Was jetzt passiert, passiert eigentlich nur am Rand der Geschichte:

Die Elster kommt. Sie landet vor den Hufen des Hirschs. 

»Rechtsumkehrt! Wir drehen um! Wir suchen jetzt nicht mehr das Ende, wir suchen den glitzernden Anfang des Baches. Ich gehe voraus.«

Der Hirsch staunt:

»Die Elster hat nicht mal ‚Hallo‘ gesagt. Und jetzt tut sie, als wäre sie unser Chef. Wir brauchen gar keinen Chef! Wir sind ein Team.«

»Braucht ihr doch! Los geht’s!«, kräht die Elster und marschiert den Bach entlang aufwärts. 

Ob sie überhaupt merkt, dass die anderen stehen bleiben und ihr nur nachschauen?

 »Tschüss, Chef!«, piepst die Maus fröhlich. 

Der Hirsch grinst: »Die ist ihr eigener Chef.« 

Die Elster bleibt alleine.

 Vielleicht klappt es in der nächsten Geschichte.

 Sie machen sich wieder auf ihren Weg.

Plötzlich bleibt der Hirsch stehen:

»Dort! Dort sitzt ein fremdes Viech am Wasser. Zottiges Fell, dunkle Gestalt, lang und dünn … gefährlich, sehr gefährlich! Man sieht sofort: Es ist böse, hinterhältig, heimtückisch, fies und darüber hinaus noch gemein.« 

Aber das Tier scheint sehr gute Ohren zu haben:

»Was bin ich? Ich warne dich. Wenn du solche Sachen über mich erzählst, beiß ich dich ins Bein!«

»Seht ihr?«, schnaubt der Hirsch, »ich hab‘s ja gesagt.«

 Das unbekannte Tier kommt näher. Der Fisch taucht unter, die Maus versucht, wie ein Stück Geweih auszusehen, und der Hirsch hält nach einem Fluchtweg Ausschau. 

 Aus der Nähe betrachtet sieht das Tier weniger gefährlich aus. 

Es knurrt: „Ich bin ein Erdmännchen. Mach dich jetzt bloß nicht lustig über meinen Namen. Das rat ich dir. Ihr habt Glück, dass ich euch waren kann: Dort drüben wohnt ein Bär. 

Der ist groß, dick, faul und unberechenbar. Ich zeig euch den Weg, wie ihr an ihm vorbeikommt.  Weiter drüben beim Hügel können wir dann weiterspielen. Nur wir vier.“ 

„Wir spielen nicht. Wir sind auf einer wichtigen Expedition zum Ende des Baches.

Wir wollen gar nicht zum Hügel…“

 Das Erdmännchen regt sich auf: 

„Begreift ihr denn nicht? Ein Bär! Ihr macht eine Expedition in den Bauch eines Bären!

Wir müssen die gefährliche Stelle umgehen.“

Der Hirsch versucht es nochmals: 

„Wir können nicht vom Bach weggehen. Der Fisch ist schlecht zu Fuß. Und wir bleiben beim Fisch. Leite den Bach so um, dass er zum Hügel fließt, oder vergiss es.“ 

 Das Erdmännchen nimmt einen Eimer. Es schöpft Wasser und fischt den Fisch aus dem Bach. 

„Hopp! So viel Bach muss genügen.“

„Na ja…“, denkt der Fisch. 

„Gut, haben wir den Hirsch im Team“, denkt die Maus.

„Muss das sein?“, fragt sich der Hirsch. 

Der Fisch ist ja eigentlich stumm. 

Aber auf halber Strecke meldet er sich zum zweiten Mal in dieser Geschichte zu Wort: 

„Wenn ich etwas sagen dürfte…“

„Pssst!“, befiehlt das Erdmännchen. 

„Wenn ich dennoch etwas sagen dürfte…“, beginnt der Fisch wieder. 

„Pssst“, machen Hirsch, Maus und Erdmännchen. 

„Ich habe nasse Hufe“, sagt der Hirsch. 

„Pssst“, machen Maus und Erdmännchen. 

Dann sieht die Maus, was los ist: Der Eimer hat einen Spalt. 

Der Fisch hat kaum noch Wasser. 

Sie sind schon zu weit weg vom Bach, um den Fisch dorthin zurückzutragen. 

Und auch gemeinsam können sie den Spalt im Eimer schlecht abdichten. Es tropft unaufhörlich. Der Fisch zuckt voller Angst im kleinen Rest. 

 „Oje“, sagt die Maus.

„Wir können nichts tun“, sagt der Hirsch.

„Tut mir leid“, sagt das Erdmännchen. 

 Ausgerechnet jetzt kommt der Bär.

Er hat die vier schon lange beobachtet.

Nun setzt er sich in Bewegung. 

Schnell kommt er näher. Die anderen merken nichts! Sie schauen in den Eimer und sind ratlos. 

Vielleicht hätte die Zeit noch gereicht, um den Eimer fallen zu lassen und davonzurennen. 

Dann wäre die Geschichte anders verlaufen. 

Aber sie stehen da und schauen mit großen Augen dem zuckenden Fisch in seiner kleinen Pfütze zu. 

 Der Bär bremst ab und kommt bei der Gruppe zum Stehen. 

Er reißt den Eimer an sich und… 

…leert ihn in sein großes Maul. 

„Nein!“, ruft der Fisch. 

„Nein!“, rufen Erdmännchen, Maus und Hirsch. 

Aber der Bär grinst mit vollem Maul.

Der Bär setzt sich wieder in Bewegung. 

Die anderen jagen ihm hinterher. 

Beim Bach bremst der Bär ab. 

 Er spuckt den Fisch in die Mitte des Baches und brummt zufrieden: 

„Gerade noch rechtzeitig. 

Fische sollten nicht wandern gehen. 

Ich habe euch beobachtet seit dem Anfang der Geschichte. 

Schön, dass ihr alle mich besuchen wollt. 

Kommt, wir spielen!“

 Die Maus nickt. 

„Ach ja. 

Spielen. 

Nur wir alle. 

Das wäre ja auch mal was…“ 

 Noch lange nach dem Ende der Geschichte hätte der Fisch sich gern beim Bären bedankt. 

Aber die ganze Aufregung hatte ihm gründlich die Sprache verschlagen. 

Bücher, Fotografie, Fussball: Martin Andersen “Can’t smile without you”

Foto: Jabs

Foto: Jabs

Der dänische Künstler Martin Andersen hat vier Jahre lang Fans der Tottenham Hotspurs begleitet. Daraus wurde ein grandioser Bildband! Exquisit gedruckt und sehr schön gestaltet.
Bei den Fotos aus den englischen Stadien fällt immer wieder auf, dass man viele ausdrucksstarke Gesichter bestaunen kann. Das liegt daran, dass keine Fahnen und Spruchbänder die Sicht versperren. Ebenso auffällig sind weniger Vereinstrikots bei den Zuschauern.

 

Bücher: John Irving: “Das Hotel New Hampshire”

Foto: Jabs

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Benedicht-Wells

Dieses Buch habe ich gelesen, weil der verehrte Benedict Wells es als eins seiner absoluten Lieblingsbücher erwähnte.
Eine außerordentlich abenteuerliche Geschichte mit vielen Wendungen fesselt aufmerksame Leser.
Zitate aus dem Buch, die mich zum Nachdenken anregten:
“Wenn wir nicht durch das, was wir verlieren und vermissen, was wir wollen und nicht haben können, stark werden könnten, dann könnten wir nie stark genug werden, oder was sonst macht uns stark?”
“Aber das ist es nun mal, was wir tun: wir träumen weiter gegen den Strom, und unsere Träume entschlüpfen uns fast so lebendig, wie wir sie heraufbeschwören können. So läuft das nun mal, ob es uns passt oder nicht. Manche Leute haben einen so guten Verstand, dass sie ganz für sich allein leben können.”
“Der Lauf der Welt ist in seiner Beschissenheit gerade ein Ansporn dafür, sich im Leben ein Ziel zu setzen und voller Entschlossenheit gut zu leben.”

Bücher: Lucas Vogelsang: Zeitlupen

Vogelsang-Ostprobe-1 Vogelsang-Ostprobe-2 Vogelsang-Ostprobe-3 Vogelsang-Ostprobe-4 Vogelsang-Ostprobe-5 Vogelsang-Ostprobe-6

Anekdoten aus einigen Nähkästchen des Profifußballs:
Eric Cantona bei Man United, Lutz Eigendorf und die Stasi,Marcel Reif und Günter Jauch beim umgefallenen Tor im Bernabeu, Marcelinho bei Hertha, Jürgen Klinsmann in vielen Funktionen.

Bücher: Litfaßsäule Berlin-Prenzlauer Berg

Foto: Jabs

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Benedict Wells!

(Nach eigener Aussage ist “Das Hotel New Hampshire” von John Irving das Buch, das den jungen Benedict Wells “am meisten umgehauen hat”. Deshalb lese ich diesen Roman gerade.)