Axel Hacke: “Der kleine König Dezember”

Illustrationen: Michael Sowa

Illustrationen: Michael Sowa

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“Der kleine König Dezember” – Ein begeisterndes, zauberhaftes, kleines Märchen über dem großen Sinn des Lebens von Axel Hacke mit kongenialen Bildern von Michael Sowa (Verlag Antje Kunstmann, 1993) – fast eine Million verkaufte Bücher.

…”‘Wir wissen fast alles’, sagte der kleine, fette König. ‘Wir wachen auf und liegen da und erheben uns und können schreiben und infinitesimalrechnen und kompjutaprogrammieren und zurarbeitgehen und geschäftsessen. Alles kein Problem. Aber nach und nach vergessen wir’s. Wenn einer dann nicht mehr geschäftsessen kann, muss er nicht mehr ins Büro kommen, weil man ihn dort nicht mehr braucht. Dann darf er zu Hause bleiben und noch mehr vergessen. Sein Kopf wird leer, und es gibt Platz darin. Die anderen müssen ihm Essen machen, und danach darf er zu seinen Freunden gehen. Oder die Schatten im Garten anschauen und sie für Gespenster halten. Oder den Wolken Namen geben. Oder seinen Teddybär anschreien. Oder…'”…
“‘…Also, du schläfst morgens ein und träumst den ganzen Tag, dass du ein Insbürogeher bist und dass du arbeitest, arbeitest und arbeitest. Und abends, wenn du ins Bett gegangen bist, wachst du auf und bist die ganze Nacht, was du wirklich bist. Mal ein Pilot und mal ein Ruderer und mal ein Wasweißich. Ist es nicht besser so herum?'”…
…”‘weißt du, der alte Mann ist seit 52 Jahren mit derselben Frau verheiratet. Sie leben in einer kleinen Wohnung, und sein Lieblingsessen ist Knödel mit Soße. Wenn er eine Zigarette will, muss er in der Küche bei offenem Fenster direkt vor dem Aschebehälter des Ofens rauchen, weil sie es so verlangt. Wenn er den Lottoschein ausfüllt, muss er die Zahlen ankreuzen, die sie sich wünscht; das Datum ihres Hochzeitstages gehört auch dazu. Und wenn er im Bademantel auf dem Sofa liegen möchte, um das Tapetenmuster auswendig zu lernen, kommt ihre Freundin zu Besuch. Am liebsten würde er seine Frau töten. Aber das traut er sich nicht, und außerdem kann kann er keine Kartoffelknödel machen. Deshalb versucht er jeden Tag aufs neue, den Pudel umzubringen – es ist ihr Pudel.'”…
…”Der König Dezember hat einmal zu mir gesagt: ‘Warum willst du hinter die Wände gucken, statt dir vorzustellen, was hinter den Wänden sein könnte? Warum willst du dich nicht hinsetzen und die Augen schließen und dir selbst die Bilder einer Welt ausdenken? Als du klein warst, konntest du es, mit offenen Augen sogar. Hast du das vergessen? Warum hast du es vergessen?'”… 
…”‘Ein Mensch schaut sein Leben lang die Welt an, und in seinem Kopf sammeln sich Millionen von Bildern. Manche von ihnen guckt sich der Mensch fast jeden Tag wieder an, andere sind aber in ganz entlegenen Zimmern seines Kopfes aufgehängt, und er sieht sie erst wieder, wenn er lange gesucht hat oder zufällig dorthin gekommen ist. Aber sie sind da, auch wenn er sich vielleicht nie mehr an sie erinnert – sie sind immer in seinem Kopf.'”… 

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